Sonntag, 27. Juli 2025

INNERE MEDIZIN.



Der Internist Dr. Faustinus Brisak kümmerte sich tagein und tagaus um die inneren Beschaffenheiten des menschlichen Körpers. Man nannte ihn unter der Hand respektvoll den „Wühler“ oder „Pfadfinder“ - saß in seinem gelblich lasierten Warteraum oft mehrere Stunden inmitten von Menschentrauben und fieberte freudig erregt seiner Behandlung entgegen. Dieser Arzt, ein langer Schlacks mit schneeweißem Haar und Händen aus Gold, sorgte stets für entspannte Gesichter. Jede noch so große Furcht erregende Diagnose verpackte der Spezialist in salbende Worte - wog seine Patienten in einer Art himmlischen Schaukel und erklärte all den Trost mit den göttlichen Fügungen und der irdischen Beschaffenheit von Endlichkeit. Er ließ die Traurigen weinen, beließ sie in seinen Räumlichkeiten, anstatt sie mit bitter schmeckenden Diagnosen auf die laute Straße hinaus zu stoßen. In Nebenzimmern kümmerten sich ziemlich beste Psychologen um die erregten Gemüter, es gab feinsten Kaffee und köstlichsten Kuchen - und die Hoffnung auf alles Gute für verbleibende Zeiten.

Die Glücklichen ließ er in der Stille ihre Freude auskosten - diskret und ohne die berühmten Freudensprünge. Alle sollten sich miteinander vermengen - wie die Zutaten für den besten Teig der Welt. Niemand würde mit seinem Gefühl, welcher Art auch immer, allein gelassen - keiner sollte vor sich selbst fliehen können und in der Einsamkeit seiner Verzweiflung oder unendlichen Freude den Nebenmann vergessen.

Herr Dr. Faustinus Brisak füllte die Herzen wie mit „warmen Bourbon-Vanillepudding“. Seine heimelige Praxis befand sich in einem alten Schloss voller positiver Energiefelder. Die Räumlichkeiten glichen Spielzimmern und waren aufregend wie kunterbunte Casinos. Er verteilte Räusche jeglicher Art - Ablenkungsmanöver und optische Täuschungen. Es gab Spiegelkabinette und eine kleine Gespensterbahn im Kellergeschoss. In seinem Behandlungszimmer tänzelnden reife, halbnackte Helferinnen auf mächtigen Stöckelschuhen herum - je nach Bedarf aber auch knackig muskulöse Mannsbilder in knappen Tangaslips und Leopardenmuster. Jeder wähnte sich in einem selten gewordenen Traum, in einer Blase voller Wunder und Sonnen. Hier ein letzter Wunsch, dort ein offenes Wort ... keinerlei Neid oder Gehässigkeit, kein Kummer und schon gar keine Verzweiflung - der Doktor hatte alles Negative unter seiner Kontrolle und erstickte das Böse im Würgegriff seines wunderbaren Herzens.

(Nachwort: Dr. Faustinus Brisak war leider auch ein Wirrkopf und Chaot. Allzu oft verwechselte er die Akten seiner Patienten, mischte diese wie Patiencen oder verlegte wichtige Befunde. So kam es oft zum Tausch der verschiedensten Schicksale - oft überraschten sich plötzliche Tode mit seltsamen Wundern. Das geplante Denkmal wurde leider nie errichtet.)

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