Ein guter Freund
Im Ostpreußischen geboren ... an einem siebzehnten März 1926 ... was für eine helle Freude für jeden der sich etwas mit Literatur beschäftigt ... wurde mir Siegfried Lenz zu einem sehr guten ... möchte sagen ... vertrautem Freunde ... was mich in meiner allgemeinen Verfassung immer ein kleines Stück glücklicher gemacht hat.
Es sind kluge und sehr bedachte Bücher ... einig in ihrer niveauvollen reinlichen Sprache ... sehr fein formuliert und bisweilen von größter Zärtlichkeit ... auf Kitsch verzichtend und niemals belehrend ... eher erhellend. Die biblischen Elemente Glaube, Liebe und Hoffnung finden sich in allen Werken wohltuend wieder ... ohne die Religionen im allgemeinen zu bedienen ... überhaupt haben Manifeste so gar keine Chance.
Der Deutsche Taschenbuch Verlag veröffentlichte im März 1996 die ungekürzte Ausgabe „Über das Gedächtnis - Reden und Aufsätze“ und forderte damit meine eigene Vorstellungskraft heraus. Für das schmale Büchlein benötigte ich mit aller Mühe und notwendig erscheinender Zeit ganze zwei Monate ... Lesen ... Reflexion ... Neubeginn ... Wiederholen ... Notizen ... Nachschlagen ... Unterstreichen ... Pausen ... Überlegen ... Weglegen ... Nachdenken ... Überblättern ... kurze Quälereien ... Überforderung und Erkenntnisse die sich erst einmal setzen mussten wo oft keine Stühle bereit standen.
Lächerliche 212 Seiten in reichlich ausufernden zwei Monaten ... Reden und Aufsätze über das Gedächtnis ... von der Gegenwärtigkeit des Vergangenen ... über Dostojewski dem gläubigen Zweifler ... Erfahrungen beim Wiederlesen ... Etwas über Fantasie ... Heinrich Manns „Kleine Stadt“ ... Sehnsucht und Dauer (über Theodor Storm) ... Weltflucht mit Komfort (Hinweis auf Paul Kornfeld) ... Aufklärer in der Kleinstadt (über Wilhelm Raabe) ... Illusion und Opfer (über Jerzy Andrzejewski) ... Weder Schall noch Rauch (etwas über Namen) ... ein Buch über das man auch sagte, es sei reich an Kenntnis und würde unsere Sympathie gewinnen.
Das Beschwerliche als auch die Leichtigkeit beim Studieren des Büchleins hat mir eigene Grenzen wie auch Lösungen aufgezeigt. Es galt neue Anläufe zu nehmen oder mit dem Rückenwind der eigenen Erkenntnisse möglichst durchzustarten. Es gab schwer zu kauen oder eben leichtere Kost - Lenz kann darin sehr variabel mit dem jeweiligen Intellekt des Lesenden umgehen. Zu keiner Zeit schämte ich mich jedoch meiner eigenen Hürden. Jeder Geist wurde im Verlauf seines Lebens auf höchst individuelle Weise abgespeist. Der Sieg kommt niemals ohne eine Niederlage daher - auf welcher Seite auch immer mein Verständnis vor sich hin spazierte ... es gab stets Futter für die fragende Seele.
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