Es gab kaum Überlebende. Nur ekelhaft gierige Fliegen auf stinkender Körperflüssigkeit und eine gute Handvoll tiefenentspannter Maden. Alle Vorhänge, silbern glänzendes Tuch, waren fein säuberlich zu gezogen. Die Scharniere der neu eingebauten Fenster fest und luftdicht verschlossen. An den Wänden hingen Bilder. Bilder zeigen etwas von Bedeutung - wenigstens für den, der sie mit zielgerichtetem Hammer und einem schmalen Nagel angebracht hat. Darüber lässt sich abfällig die Nase rümpfen oder gedankenverloren in Kummer ausbrechen. Die Bilder sind immer auch ein Zustand der Seele, offenbaren Sehnsüchte, erinnern an bessere Tage, möchten etwas ausrufen oder sich präsentieren. Es waren jedenfalls sehr viele und mein Blick strich über die Oberflächen, erfasste alle möglichen Informationen, Inhalte und Botschaften. Sie waren ein allerletzter Ausdruck dessen, was man unter der Kategorie Lebendigkeit verorten konnte.
Freitag, 21. März 2025
Überleben.
Auf der Anrichte lagen ungekochte Eier und zwei Tütensuppen. In der Kaffeetasse zierte sich ein schmächtiger Rand um das Innere des Porzellans. An einer vorstehenden Trennwand auch wieder Bilder und vereinzelte Notizen. Jedes Motiv, jede Nachricht hatte etwas Verlorenes. Plötzlich verschwand der Wert in verschlungenen Wegen, jede Form von Interpretation konnte jetzt ganz individuell gestaltet werden und hatte nichts mehr mit den eigentlichen Ersteller zu tun. Neben dem kostbaren Leben schwanden nun auch sämtliche Bedeutungen. Die Reinigungskraft verschwand hinter einer chemischen Wand weißlichen Sprühnebels und arbeitete sich Meter für Meter durch die seelenlose Wohnung. Es stellt sich ja immer wieder ein und dieselbe Frage: Was bleibt? Und wem nützt das? Vielleicht sogar ein Denkmal, der wacklige Grabstein, die Niederschriften und sonstigen Vermächtnisse? Das Stechen im Herzen? Die andauernde Verstimmung im Kopf oder das Würgen durch Unruhen im nervös gewordenen Magen? Die Liebe zu einem Menschen kann zur Marter werden!
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