Wir hatten gestern Nacht einen bekliarisischen Grauwolf zu Besuch! Der eitle Mond erlaubte sich zuzunehmen und unseren Garten mit einem bleiernen Licht zu streicheln - da sahen wir ihn, so anmutig und grimmig, Furcht erregend, sagenumwobenes struppiges Wesen mit grandios geschliffenen Zähnen!
Er machte sich an unserem Geräteschuppen zu schaffen, entschlüsselte die Funktionalität des HÖRMANN-Griffs und kramte zwischen Rädern, Werkzeug, Spaten, leeren Kartonagen - ruckelte an einem vollständig entleertem Bierkasten, warf den verrosteten Wäscheständer um und zerrte letztlich an einem bunt gestreiftem Liegestuhl.
Da saß er dann seit einer Stunde breitbeinig und bequem eingerichtet in unserem Hof, pulte sich Fleischreste aus dem blinkenden Gebiss, rieb sich unverhohlen am Geschlecht, spreizte seine Pfoten, leckte sich ein ums andere Mal das sabbernde Maul und unterdrückte die ersten Anzeichen eines aufkommenden Keuchhustens.
Wir lauerten wie gebannt hinter der Gardine: ein echter bekliarisischer Grauwolf - vollkommen ausgewachsen - fast schon betagt, obszönes Grinsen um die Schnauze herum, selbstherrlich und unverschämt frech in seinem Verhalten! Lümmelte in unserem Garten-Mobilar, scherte sich einen Dreck um fremdes Eigentum oder gar mögliche Gefahren. Ein durchaus seltenes Exemplar tierischer Dreistigkeit.
In der Glasvitrine stand noch immer Ur-Großvaters CARCANO Gewehr, griffbereit, geladen und verlockend. Das Ding galt nicht eben als treffsicher und die Frage war immer schon: Zielen oder nicht? In beiden Fällen war jeweils das Gegenteil zu erwarten ... Also schossen wir sicherheitshalber auf den neunmalklugen Mond. Wie das donnerte und hallte! Unseren Ohren blieb für den Augenblick nur das Rauschen aus hundert Meeren.
Der Graue flog aus seiner bequemen Lage, kullerte schreckhaft über das frisch angelegte Beet der Blumen, duckte sich ängstlich und zitterte am ganzen Leib. Das tat uns wiederum furchtbar leid! Wir holten Bio-Rindergulasch aus dem Kühlschrank, gut und gern 800 Gramm von liebevoll gehaltenem Vieh. Das warfen wir dem Bekliarisischem als Wiedergutmachung zu. Leider viel dem Armen dabei alles auf den Kopf oder zwischen das Fell seines Rückens ...
Wirbelnd, sich ständig drehend verbiss sich das bedauernswerte Tier an seinem eigenen Leib, riss das rötliche Gulasch aus dem grauen Haar und spuckte ständig Filzbatzen aus. Die Nacht bediente dieses Szenario mit milder Stille, erleichterte die wilden Instinkte mit einer Art Schutzfunktion und entließ das satte Ungetüm schließlich im dunklen Nichts der Schatten werfenden Hügel. Wir konnten nicht mehr einschlafen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen