Sonntag, 7. September 2025

ICH LIEBE DAS


 

  • wenn der Morgen zügig graut, die Tiefe der Dunkelheit aufweicht - bis schließlich die Pionierin des Lichts mit geballten Fäusten die Rester eines Alptraumes weg boxt
  • wenn grobschlächtige Männer in orangenen Anzügen ihren Morgenkaffee schlürfen und knackend in die Sieben-Uhr-Bockwurst beißen, der Mostrich in malmenden Mundwinkeln haftet und die Gespräche verstummen
  • wenn ein mit göttlicher Gnade gesegneter Frauen-Hintern minutenlang und wie zufällig mein Blickfeld kreuzt ... mechanisch und melodisch zugleich -rhythmisch mit der Welt im Reinen
  • wenn jede prophezeite Niederlage urplötzlich wie unvermutet in das Gloria eines viel umjubelten Sieges verwandelt wird und die Außenseiter des Lebens den Ausrutscher ins Glück ertragen dürfen
  • wenn die sensible Nadel des Schallplattenspielers sanft nach unten gleitet und wie von Geisterhand durch die zauberhafte Rille zieht ... noch dazu, wenn diese die Töne von John Coltrane meinen Ohren bereitwillig zur Verfügung stellt
  • wenn der Freitag sein überaus freundliches Gesicht gegen Nachmittag und mit einem kindlichen Lächeln zeigen wird, so dass die Planungen für einen Start in das Wochenende voller Blüten und kirrer Ideen ist
  • wenn ich in einem fast leerem Zugabteil sitzen darf und an kleinen Drinks nippend durch ein feines Buch fahre, zwischendurch einschlafe oder die vorbeifliegenden Landschaften betrachten kann
  • wenn der feine Grieß eines Feldweges bei jedem Schritt aufstiebt, majestätische Fasane urplötzlich aus den hohen Gräsern aufschrecken und schwerfällig davon flattern
  • wenn die Gläser klingen ... in einer alten Studentenkneipe, grobe Reden gehalten werden, die Sprüche auf dem verklebtem Tisch knallen und schließlich in einem Meer von Umarmungen ewige Kumpanei beschworen wird
  • wenn meine Hände den hölzernen Griff des Spatens packen und ein ganzer, verhangener Vormittag unter dem Schweiße meines Angesichtes erzittert, weil die harte Arbeit mit der lieben Muttererde ihren Tribut zollt
  • wenn nichts als absolute Stille die kleinen, zarten Geräusche meiner natürlichen Umwelt freigeben ... das feixende Geschrei der Raben, die melancholischen Rufe vom Bussard, das aufgeregte Geraschel der Wühlmäuse, kaum merkliches Flügelschlagen von Schwalben und Rotschwänzen
  • wenn zärtlich punktierter Regen vom Dunkelblau des Himmels herabschwebt, alles beträufelt und vorsichtig benetzt bis auch die letzte neugierige Nacktschnecke ihr großes Glück begriffen hat
  • wenn die Liebe wie ein unaufhörlicher Dampfhammer die Kälte des Lebens bearbeitet ... alles durchdringt was zugemauert einem seltsamen Sinn zu dienen scheint
  • wenn eine Reise meine Neugier weckt und sie letztlich nie ganz stillen kann ... denn dann bleibt das Gefühl ewiger Sehnsucht nach der Ferne
  • wenn ein unverblümtes, nichts einforderndes Lächeln auf meine Augen trifft und die sündigen Gedanken in der Schatzkammer als ewige Sehnsucht belässt.
  • wenn glasklare, kalte Luft durch meine Nasenlöcher fließt und einen kurzen Augenblick später als wüster, ungezähmter Rauch dem Rachen entströmt ...
  • wenn ein guter Braten mit einer mächtigen Kruste seine Fühler nach der Leere meines Magens streckt ... in einer Form entgegenkommender Begierde ... in redseliger Gesellschaft bei dampfenden Rosenkohl in pulsierender Butter ... herber Rotwein in kristallenen Gläsern ... Um Gnade bettelnde Lenden inklusive.
  • wenn das liebe, liebe Meer meine Eier packt, mich herumwirbelt und dann wieder berauschend trägt ... salzige Luft über mich hinweg zieht, die dunklen Wolken auch aller letzte Strandbesucher vertreiben ... Gischt den Schaum schlägt und in einzelnen Fetzen ins Landesinnere trägt
  • wenn das Elend meines alten Leibes matt und schlaff auf ein frisch bezogenes, kaltes Bett nieder sinkt um dort sogleich ins Nirvana abzudriften ... den Geist im Handgepäck ... schönen Träumen auflauernd ... immer tiefer fallend um schließlich der Reinheit einer geblümten Wiese zu erliegen

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