Im schäbigsten Café der Stadt ... mit dem gerissenen rotem Leder des Neunziger-Jahre-Mobiliars und der angetrockneten Pisse auf vergilbten WC-Brillen ... aufgespritzte Lippen bei einer 40+ Bedienung und den jämmerlich angerichteten Eisbechern aus längst erblindetem Glase ... bräunlicher Stuck gezeichnet von unlängst verbotenem Rauch aus den kräftigsten Zigaretten des Planeten ... da hob Peter ein bis zum Rand gefülltes Glas und schüttete es in sein riesiges Kopf-Loch! Soff und bestellte nach. Bestellte und soff. Soviel er konnte und es quollen ihm die einst kleinen Äugelein zu glasigen handgroßen Perlen. Seine Unterlippe konnte die Flüssigkeit kaum noch führen und so troff es immer wieder feucht auf sein burgunderrotes Hemd. Mit den Hemmungen fiel auch die Würde. Von wegen "unantastbar"! Zeit verging - und Zeit kam - bis sie wieder verschwand. Peter klammerte sich an den Drink wie der der halbtote Kapitän am Mast seines schlingernden Schiffes. Die Sache schien entschieden. Im Portemonnaie stapelten sich mächtige Scheine und boten mit ihrer Anwesenheit keinen Einhalt. Die Botox-Kellnerin legte ihre Hand mit den meterlangen wie feuerroten French-Nails auf seine müden Schultern und flüsterte liebevoll irgendwas wie "Was ist denn los mein Guter" in seine stark behaarte Ohrmuschel.
"Man müsste das Leben panieren können!"
Peter selbst schien verblüfft über seine spontane Antwort. Als ich mich zu ihm setzte, begann er darüber zu sinnieren und verfing sich ein ums andere mal zwischen Eitelkeit und Selbstmitleid. Es war ja erst 14 Uhr und wir hatten schon mächtig Verluste gemacht. Um uns herum kreisten Aperole und Schwarzwälder Kirschtörtchen mit Eierlikör. Große Busen wohin das Auge reichte! Man hätte die ganz Stadt melken können! Dümmlich blickten wir uns um und verließen uns auf die Vergangenheit. In der Toilette versuchte ich heulend alles voll zu pissen. Ein asoziale dumme Sau die ich einmal war! Worauf kam es jetzt noch an? Dabei stellte ich mir zwei Blöcke Butter vor. Und gerührtes Ei. Und Paniermehl. Vielleicht würde das wirklich helfen? Das Leben eingepackt in Panade und ab damit ins Siedende? Kirre wie ich einmal war strauchelte mein enthemmtes Wesen wieder direkt zu Peters Tisch. Mit einer langen Gerade versuchte ich seine Front zu erwischen - traf aber ins Leere und umarmte ihn stattdessen. Wir beiden waren selbstverliebt in unseren Kummer und schauten fast schon mit Stolz auf unsere Ausweglosigkeit. Schein auf Schein wirbelte auf und versengte mit all dem Schnaps und ungezählten Bieren unsere kindlichen Herzen.

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