Peter saß aufrecht an der Bar. Das kam selten vor. Peter teilte sich sowohl das Bier als auch den Schnaps diszipliniert ein. Das hatte einen guten Grund. Er war verliebt. In die fast gleichaltrige Frau neben ihm. Sie saß ebenfalls aufrecht. Es gab gegenseitige Bekundungen von Interesse. Wie es der Zufall wollte, hatten sie viele Gemeinsamkeiten. Sie war toll. Vor allem immer dann, wenn sie traurige Kindheitserinnerungen schilderte. Dann bekamen ihre Augen einen bemitleidenswerten Glanz und Peter fand das hübsch. Der Wirt nickte ihm immer wieder aufmunternd zu. Es waren nicht mehr viele im Gastraum. Die Gespräche drehten sich um Vergangenheit und die Bewältigung des Alltages. Irgendwann berührte sie vorsichtig seine Hand. Dieser Kontakt blieb dauerhaft bestehen und Peter konnte die kommenden Biere und Schnäpse nur noch einhändig zu sich nehmen. Ihr ging es genau so. Aber das war jetzt unwichtig geworden. Wenn man sich frisch verliebt hat, dann wird einem angenehm mulmig und es kitzelt irgendetwas in der Magengrube. Davon berichten auch viele Schlagerhits übereinstimmend. So ging der Abend dahin und glitt hinüber in eine aufregende Nacht. Sie saßen noch immer am Tresen auf ihren hohen Hockern. Viele Biere und viele Schnäpse waren gekommen und gegangen. Peter war sich nicht mehr so sicher. Seine Haltung wurde etwas lasch. Die Frau neben ihm himmelte ihn an. Sie plante bereits kommende Stunden des lustvollen Miteinanders. Sie streichelte seinen runden Rücken. Der erste Kuss stand im Raum. Die letzten Gäste gingen. Aus dem Radio dudelte Lionel Richie. Zufälle gibt es. Es wurde heiß und Peter saß plötzlich in einer Art Falle. Das Leben hat einmal mehr an Kompliziertheit zugenommen. Zuviel Alkohol in zu kurzer Zeit. Zuviel des Guten. Die Liebe war plötzlich wie eine gierige Krake. Peter bekam es mit der Angst zu tun. Er wollte gehen. Sie verstand das als den auffordernden Rest. Vor der Bar im Morgennebel hielt sie ihn fest. Ihre Zunge schob sich drängend in seinen Mund und fuhrwerkte darin herum. Schwindel überkam den Peter. Er musste gehen. Sofort und endgültig. Wie zur Entschuldigung drückte er noch einmal an ihrem Mantel und den darunter verborgenen Brüsten herum. Dann rannte er los. Als ginge es um Leben und Tod.
Freitag, 26. September 2025
LIEBE UND SO WEITER.
Die Straßenlaternen flogen an ihm vorbei. Er suchte schnellstmöglich das Weite. Peter war in Sachen Liebe schon immer ein Hasenfuß. Ganz nah bis ans Feuer - aber daran verbrennen? Nein. Er möchte dieser Frau nicht noch einmal begegnen. Zu viele Verbindlichkeiten und Versprechungen standen im Raum. Liebe fühlte sich anfangs stets großartig an. Dann öffneten sich jedoch immer Regelwerke. Die üblichen Abläufe. Das ewige Spiel mit dem stets unsicheren Ausgang. Peter wuchs das auf Dauer über den Kopf. Er saß jetzt am Ufer des Stadtkanals und stierte mit verquollenen Augen auf treibendes Holz. Dieser Anblick sorgte für etwas Ruhe in seinem schmerzenden Schädel. Müdigkeit befiel ihn. Die Frau tat ihm leid. Er kam sich vor wie ein Zechpreller. Ein richtiger feiger Lappen. So war das mit ihm. Ein Leben lang Katz und Maus. Nichts wurde konkret. Ein flacher Stein verließ die Umklammerung seiner rechten Hand und flog zitternd durch den Dunst der Frühe. Auf der Wasseroberfläche zogen Linien lauter wandernde Kreise. Das würde sich wieder beruhigen. Dafür lag der Stein jetzt für immer auf dem dunklen Grund. Wie seltsam sich all das anfühlte. Eigentlich war alles was er tat banal. Die großen Kriege führten andere. Er grübelte zu viel. Aber das führte ja letztlich zu nichts. Er musste jetzt die Bar für eine Weile meiden.
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