Dienstag, 2. Dezember 2025

SALAMI



Salamischeibe, etwa zwei zarte Millimeter flach und nahezu perfekt rundlich mit einem Durchmesser von fünf Zentimetern. Der kleine Junge hasste sie und schob das Scheibchen sogleich vom halben Brötchen ... zunächst im freien Fall, flatschte sie schließlich fast lautlos auf den gebohnerten Boden von Abteil 8 in Wagen 5 des D-Zuges 1604 aus Jüterbog kommend.

Der Teufel hat schrecklichen Mundgeruch und liegt im Detail. In der Hitze des Tages gibt die Salami ihr Fett ab, wölbt sich mühsam und langt nach dem Staub der späten Stunde. Weiße Sneakers schieben das kleine Lebensmittel bis ganz nach hinten unter den befleckten Sitz. Die Wagenzüge leeren sich und eine viel zu kurze Nacht zwingt den Berg aus Eisen und Plastik zu einem flachen Schlaf.

Aus Schwein gemacht, zerkleinert von großer zäher Masse sowie verdünnt mit allerlei Ungesundem, fristet ein Bruchteil davon sein kümmerliches und von allen guten Geistern verlassenes Dasein. Nach Tagen in hinterster Ecke vergilbt die Zeit wie ein verworfenes Buch. Hin und wieder stochert ein nasser Schrubber vorbei, erwischt ein Ende und verschiebt leicht den angestammten Standort. So wie im wahren Leben verdorrt die Kraft und die Bewegungen werden langsamer.

Der D-Zug 1604 aus Jüterbog kommend, entglitt seinem Zugführer während einer rasanten Fahrt ... steiles Gefälle ... versagende Hydraulik ... so schoss der tonnenschwere Stahl über sein anvisiertes Ziel hinaus und zerbrach die Schwärze der Nacht mit seinem feurigen Schlag der Funken. Die Welt zerbarst um die Salamischeibe herum - in tausend Stücke wie feiner Bruch und mit zerstörerischer Wucht. Mutter Zufall und Vater Schicksal sorgten für ein furchtbares Chaos - ihre verdorbenen Kinder tanzten dazu einen bösartigen Reigen und kicherten dazu unablässig hämisch über die Vielzahl ihrer Opfer.

Salami ist so eine Sache.
Im Leben geht es immer um die Wurst.

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